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Bahía de Cochinas, Cuba

Plattfuss in der Schweinebucht

Unser letzter Road-Trip auf dieser Reise sollte uns von Varadero im Norden runter in den Süden führen. Wir hatten kein Ziel festgelegt, ausser dass wir die letzten Tage unserer Reise nochmal so richtig geniessen und viel erleben wollten. In unserem mausgrauen Peugeot 301 fuhren wir in Richtung der Ortschaft Playa Larga, quasi das Ende der Bahía de Cochinas, zu Deutsch der Schweinebucht, und gemäss Reiseführern ein erstes Highlight entlang der südlichen Küstenlinie. Die Schweinebucht ist jenen, die in Geschichte nicht geschlafen haben, vor allem bekannt, weil über Tausend Exil-Kubaner mit Unterstützung der USA das Castro-Regime stürzen wollten. Der Versuch scheiterte 1961 bekanntermassen, weil Fidel davon Wind bekommen hatte und er endete für die USA schmerzlich und peinlich zugleich, die anschliessende Kuba-Krise und das bis heute andauernde Schlamassel sind bekannt.


Obama hat die Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba endlich eingeleitet und Reisen für Amerikaner wieder einfacher möglich gemacht. Bis Mitte 2017 kamen so jeweils etwa zehn Flüge pro Tag aus den USA an, von täglich hundert ankommenden Flügen aus aller Welt. So haben wir in Kuba viele Amis getroffen, die für einen Weekend-Trip aus Florida angereist waren, das weniger als eine Flugstunde entfernt ist. Bei guten Bedingungen kann man die Küste Floridas sogar von Auge sehen, bis Key West sind es nur rund 150 Kilometer, nach Yucatán in Mexico etwa 210 Kilometer. In der Vergangenheit war es für Amerikaner illegal, nach Kuba zu reisen. Zu der Zeit sind jedoch viele Unerschrockene zuerst nach Mexiko oder Kanada geflogen und von dort weiter nach Kuba. In Kuba hat man ihnen dann keinen Stempel in den Pass gemacht, sondern eine Einreisekarte ausgehändigt, damit es bei der Rückkehr in die USA keine Hinweise auf den Kuba-Besuch gab und es zu keinen Problemen kam. Am 16. Juni 2017 hat Trump angekündigt, die Regeln wieder zu verschärfen im Kampf gegen das Regime. Interessanterweise steigert dies seine Popularität bei vielen in Amerika lebenden Exil-Kubanern. Eine seltsame Situation…


Die Bahia de Cochinas ist aber auch bekannt für die schönen Tauchgebiete, welche sich an der steil abfallenden Küstenlinie zwischen Playa Larga und Playa Girón über zig Kilometer erstrecken. Da wir auf der bisherigen Reise noch kaum getaucht waren (nur zwei Tauchgänge auf Galapagos und einer auf den Osterinseln), wollten wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und ein wenig Geschichtsunterricht am Ort des Geschehens würde uns auch interessieren.


Die erste Nacht verbrachten wir in einer einfachen Casa Particular direkt am Meer. Highlight war das Ausklingen des Abends auf der Veranda mit einer Zigarre in der einen und einem Cuba Libre in der anderen Hand. Herrlich, das würden wir bald schmerzlich vermissen…


Am nächsten Morgen machten wir uns auf zum Treffpunkt, wo gemäss Beschreibung täglich ein «bunter Bus» Touristen zum Tauchspot abholen würde. Irgendwann kam ein farbiger Bus (es gibt ja keine anderen), wir verständigten uns und folgten ihm in unserer eigenen Karre. Bei einem Zwischenhalt auf halber Strecke bewahrheitete sich unsere Befürchtung, dass unser Reifen Luft verlor. Der alte Schulbus mit all den Tauchern und Schnorchlern fuhr weiter und uns halfen sofort vier geschickte Kubaner das Rad zu wechseln. Allein hätten wir das unmöglich geschafft, denn die Schrauben liessen sich nur mit einem extra herbeigeschafften Hebel-Werkzeug und sehr viel roher Gewalt lösen. Die tatkräftigen Männer halfen uns das zum Glück vorhandene Reserverad zu montieren und waren offensichtlich überrascht, als wir ihnen ein kleines Trinkgeld gaben, was uns wiederum überraschte und freute. Dann fuhren wir weiter zum Tauchspot, wie man es uns beschrieben hatte.


Wir waren uns zunehmend sicher, dass wir nicht bei der seriösen Tauchschule gelandet waren, die wir ausgesucht hatten. Im Nachhinein war beim Treffpunkt mit dem farbigen Bus eine gewisse Hektik feststellbar, um mit den tauchwilligen Touristen möglichst rasch loszufahren, möglicherweise noch bevor ein weiterer bunter Bus kommen würde ;-). Weil nicht nur Touristen den Lonely Planet und seine Tauchempfehlungen lesen, haben einige Improvisationskünstler kurzerhand den Namen ihrer Tauchschule geändert. Was läge näher als jener, der im Lonely Planet steht. Für uns hat’s trotzdem gepasst und das Ganze war effizient organisiert. Etwas Gedanken machten wir uns über den Zustand des Equipments, da wir aber maximal zehn Meter tief gehen wollten, stellte das kein wirkliches Problem dar und ein Notaufstieg wäre jederzeit möglich gewesen. Der Tauchgang war eher bescheiden, neben ein paar schönen Fischen tauchten wir vor allem durch Steinwüsten und waren am Ende froh, als die 45 Minuten vorüber waren. Korallen, Schwämme und tropische Fischschwärme sahen wir auf weiter Flur keine. Wir waren wohl in dem bekannten Gebiet um El Tanque, aber sicher nicht dort, wo die schönen Tauchgründe zu finden sind. Anyway, es war auf eine andere Art ein unterhaltsamer Tauchgang und mit 25 USD mit Sicherheit unser Günstigster.


Wir wären zwar gerne direkt weitergefahren, denn unser nächstes Ziel war Trinidad. Weil uns aber dringend geraten wurde, das Rad so schnell wie möglich zu reparieren, da wir bei einem weiteren Platten wirklich aufgeschmissen gewesen wären, fuhren wir zurück nach Playa Larga. Auf dem Weg zurück machten wir Zwischenhalt an der Cueva de los Pesces, auf deren Parkplatz wir beim Hinweg unseren Pitstop eingelegt hatten. Inmitten einiger Vegetation findet man dort nämlich Kubas tiefste Zenote mit 70 Metern, die über mehrere Höhlen mit dem nahen Meer verbunden ist. Wir schnorchelten nur, der Einstieg in das dunkle Wasser der Zenote erforderte aber Überwindung, denn eine wirkliche Einstiegsstelle gibt es nicht, Reinspringen ist angesagt. Und nicht zuletzt auch deshalb, weil das Wasser an der Oberfläche ziemlich abgestanden war und ein Sonnencreme-Film schimmerte. Wenn man mal drin ist, merkt man das aber nicht mehr. Interessant war, dass man beim Runtertauchen sah, wo Salz- und Süsswasser aufeinandertrafen, weil es dort zu einer Art optischer Verzerrung kommt. Auch ändert sich die Temperatur mit jedem Meter in die Tiefe merklich. Zum Tauchen ist die Zenote wahrscheinlich spannender, v.a. die Höhlen. Zum Schnorcheln fanden wir die gegenüberliegende Playa Perdiz interessanter mit dem türkisfarbenen Wasser und den bunten Fischen. Unterhaltsam ist es auch, weil viele Kubaner dort mit guter Laune und Musik am Sonnenbaden sind.


In Playa Larga fanden wir schnell den angeblich einzigen Automechaniker mit der nötigen Ausrüstung. Man hätte fast denken können, dass er uns schon erwartete ;-). Was folgte, war eine Lektion in raffiniertester Handwerkskunst. Während Patrick diesem Spektakel begeistert zuschaute, erfreute sich Gonca an den roten Flammenbäumen, die man überall in Kuba antrifft. Eindrücklich hat der Mechaniker den Pneu mit einer Eisenstange von Hand von der Felge gewuchtet, was bei uns mit Maschinen gemacht wird. Dann staunte er nicht schlecht, als er mit einer Bohrmaschine (doch noch eine Maschine!) die Innenseite des Pneus um das Loch herum aufraute, Leim draufstrich und dieses mit einem Veloreifen-Flick von innen zuklebte. Es schien eine bewährte Technik zu sein, da wir bei dieser Gelegenheit sahen, dass der Reifen schon drei andere Löcher hatte, die genauso repariert worden waren. Wir zahlen, natürlich den dreifachen Preis, der sonst üblich ist (8 CUC) und fuhren ohne Probleme weiter nach Trinidad. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass Not erfinderisch macht. Und es gibt wohl auf der ganzen Welt wirklich niemanden, der alte Autos besser reparieren kann als die Kubaner! Davon sind wir nun restlos überzeugt.


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