Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt... trotz intensivster Bemühungen war es uns nicht gelungen, weder am internationalen Flughafen in Havanna noch sonst irgendwo in der Zwei-Millionen-Metropole Havanna, einen Mietwagen aufzutreiben, es gab schlichtweg keine mehr. Dies war auch der Grund, warum der Grossteil der Kuba-Reisenden organisiert ins Land kommt und Mietwagen und Unterkunft im Voraus gebucht hat. Neben der Ernüchterung wurden wir langsam auch anfällig für Verschwörungstheorien, denn wir (oder besser gesagt, jemand von uns… weiblich… mehr sei nicht verraten) fragten uns, ob uns der Staat bespitzelt und uns einfach kein Auto vermieten will, weil wir zu kritisch waren ;-). Wir fanden uns damit ab, dass es in Havanna und Umgebung tatsächlich keine Mietwagen mehr gab.
Wir wollten die Gegend um Trinidad und die Schweinebucht noch sehen, per Bus war dies allerdings schwierig mit den bekannten Vorausreservationszeiten und der uns noch verbleibenden Zeit. Daher klammerten wir uns an einen Hoffnungs-Strohhalm, der uns in der Zwischenzeit eingefallen war: Vielleicht gab es in Varadero, quasi der Copacabana Kubas, noch ein Auto zu mieten. Wo sonst, wenn nicht in der Hochburg des Strandurlauber-Mekkas. Als Alternative würden wir die Sonne an den kilometerlangen Sandstränden geniessen, auch nicht schlecht ;-).
Nach unserer Ankunft mussten wir als erstes ein Zimmer finden. Weil das mit dem Internet in Kuba nicht so einfach ist, galt es wie in den guten alten Zeiten ein Zimmer zu organisieren, d.h. ohne Booking und andere Online-Plattformen. Wir liefen mit unserem Lonely Planet und den grossen Rucksäcken von Haus zu Haus, fanden aber lange nichts, weil Varadero fast ausgebucht war. Nach Einbruch der Dunkelheit und nachdem ein Gewitter über uns hinweggezogen war, fanden wir eine passable Unterkunft für eine Nacht.
Am nächsten Morgen hat sich Patrick früh auf den Weg gemacht und alle Vermietungsstationen auf Google-Maps abgeklappert. Nach über zehn erfolglosen Versuchen keimte Hoffnung auf, denn eine Agentur hatte genau für unsere Dauer noch einen Mietwagen. Allerdings konnten wir diesen nicht in Havanna zurückgeben, aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr, wir würden ein Taxi nehmen. Schnell machte sich Patrick auf, um das nötige Kleingeld zu besorgen. Was bei uns eine Selbstverständlichkeit ist, kann in Kuba schnell zum Problem werden, da die Geldautomaten oft nicht funktionieren. Auch hatten wir herausgefunden, dass unsere Schweizer Kreditkarten in Kuba wegen der Sanktionen nicht funktionierten. Als einziges funktionierendes Zahlungsmittel entpuppte sich Goncas österreichische Kreditkarte (wer glaubt denn sowas?!), mit der wir schon am Flughafen Geld bekommen hatten. Damals wussten wir das aber noch nicht, es war einfach die erste Karte, mit der wir es versucht hatten. Es gab zu dem Zeitpunkt übrigens genau sechs Länder bzw. Landteile, in denen Schweizer Kreditkarten nicht funktionierten, neben Kuba waren dies der Iran, Nordkorea, Sudan, Syrien und die Krim-Halbinsel. Hätten wir mal unsere Hausaufgaben vor der Reise gemacht ;-). Nachdem wir erst mal ein Auto hatten ging alles ganz rasch und wir konnten den Start unseres Roadtrips am nächsten Morgen nun konkret planen.
Die zweite Nacht in Varadero verbrachten wir in einer super Casa Particular und wir konnten viel mit dem Besitzerehepaar sprechen. Dieses erzählte uns, dass sie jeden Monat Steuern auf ihre Einkünfte sowie weitere Abgaben pro Übernachtung abliefern müssen. Auch sind den Behörden mit Ausnahme der Wochenenden täglich die Hausgäste zu melden. Wie dem im Detail auch sei, für uns war klar, dass die Kubaner weit entfernt von irgendwelchen Freiheiten sind.
In Varadero haben wir uns auch an „El Paquete“ erinnert, von dem wir vor einiger Zeit eine interessante Reportage auf Arte gesehen hatten. El Paquete enthält die neuesten Folgen amerikanischer Serien, Filme, Spiele und vieles mehr, quasi Netflix auf USB-Stick. Jede Woche wird es auf mehreren USB-Sticks aus den USA illegal nach Kuba gebracht, wobei natürlich nicht bekannt ist, wie es genau den Weg nach Kuba findet. Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass die Daten anschliessend im ganzen Land verteilt bzw. kopiert werden. Es ist ein kompliziertes System mit vielen Verteilpersonen und oft wird einem das Paquete direkt nach Hause geliefert. Es kostet pro Woche weniger als einen CUC. Der kubanischen Regierung ist dies natürlich ein Dorn im Auge und sie hat versucht, dem einen Riegel zu schieben, natürlich vergeblich. So haben wir später auf der Reise von einem jungen Zahntechniker-Paar erfahren, dass die kubanische Regierung daraufhin ein Konkurrenzprodukt unter dem Namen „La Mochila“ lanciert hat, was so viel heisst wie „der Rucksack“. Es ist ein wöchentlich erscheinendes Format, das sogar gratis ist. Nur interessiert sich kein Mensch in Kuba dafür ;-).
Erneut kam auch die Lohndiskussion auf. Es ist schon extrem, wenn ein Lehrer pro Monat 20 Dollar und ein Arzt 50 Dollar verdienen und von der monatlichen Essensausgabe Gebrauch machen müssen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass diejenigen, welchen sich die Möglichkeit bietet, eine Casa Particular zu eröffnen, dies trotz der hohen Steuern tun. Der Übernachtungspreis betrug nach unserer Erfahrung rund 20 bis 30 Dollar plus 5 Dollar für das Frühstück. Bei solchen Zahlen ist es ein Hohn, wenn die kubanische Regierung sagt, dass das Volk frei sei und jederzeit das Land verlassen könne. Was theoretisch möglich scheint, ist praktisch unmöglich, da der kubanische Reisepass mit rund 100 Dollar einer der teuersten weltweit ist. Und damit ist noch kein Flugticket gekauft. Faktisch kann sich also kaum ein Kubaner mit seinem selbst verdienten Geld eine Reise ins Ausland leisten.
Neben all den interessanten Diskussionen haben wir in Varadero auch erstmals auf unserer Reise einen halben Tag am Strand verbracht (am nächsten kamen wir dem noch auf Galapagos) und festgestellt, dass die Kubaner ihre Freizeit auch gerne dort verbringen. Aus «Versehen» sind wir noch in einen All-inclusive-Bereich eines noblen Hotels geraten und gleich vom Bodyguard abgefangen worden. Wir waren froh, nicht dorthin zu müssen und es war an der Zeit, die Insel aktiv im eigenen Tempo und Gefährt weiter zu erkunden.
Comments