Nachdem wir eine Nacht im Flughafen von Buenos Aires verbracht hatten, flogen wir weiter nach El Calafate in Patagonien. Von dort reisten wir mit dem Bus in das chilenische Städtchen Puerto Natales, um endlich den O-Trek, eine mehrtätige Rundwanderung im Torres del Paine Nationalpark, zu beginnen. Im letzten Moment haben wir herausgefunden, dass für jede Übernachtung in diesem Park neu (seit Oktober 2016) eine Reservation zwingend nötig ist. Wir hatten uns vorher nicht um Reservationen gekümmert, schliesslich hatten wir ja ein Zelt und glaubten unabhängig zu sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die Campingplätze durch drei verschiedene Organisationen verwaltet werden. Wanderer, die eine Mehrtagestour machen wollen, müssen die gesamte Koordination selber sicherstellen, was viel Zeit und Nerven kostet. Leider gab es für die nächsten zwei Wochen nicht mehr in allen Campsites freie Plätze. Nachdem wir uns vom ersten Schock über das umständliche Reservationssystem für die Torres-Rundwanderung erholt und die nötigen Reservationen für später gemacht hatten, schmiedeten wir neue Pläne für die Zeit bis zum Beginn der Wanderung. Es bleiben uns ca. zwei Wochen Zeit.
Wir mieteten uns daher einen Wagen und planten, die Carretera Austral vom Süden her zu befahren. Die Strasse gilt mit ihren verschiedenen Landschaften als ausserordentlich schön und wird von vielen Reisenden per Auto, Motorrad wie auch per Velo oder sogar zu Fuss besucht. Bevor wir uns aber in den Norden wagten, wollten wir dem Pali Aike Nationalpark an der Grenze zu Argentinien noch einen Besuch abstatten. Wir fuhren also von Puerto Natales über Villa Tehuelche und dann entlang des Estrecho de Magallanes, der Magellanstrasse, ostwärts. Die Fahrt zog sich in die Länge, weil wir unterwegs traumhafte Landschaften, bizarre Schiffswracks oder längst verlassene Dörfchen antrafen, die es zu erkunden galt. Als es schliesslich dunkel wurde, dachten wir, dass wir wohl erstmals auf dieser Reise unser Zelt ausprobieren würden. So fuhren wir unbekümmert immer weiter in die Nacht und in Richtung des Nationalparks. Die Strasse hatte sich mittlerweile in einen kurvigen Schotterweg verwandelt, wo zahlreiche Feldhasen knapp vor unserem Wagen in der Dunkelheit vorüberhuschten.
Als wir schliesslich gegen elf Uhr abends am Parkeingang standen, verwehrte uns eine Barriere den Eintritt und es schien niemand in der Ranger-Station zu sein. Hier galt es also zu nächtigen. Wir schlichen uns in der stockfinsteren Nacht mit Taschenlampen um die Ranger-Station, um einen geschützten Platz für unser Zelt zu finden, denn der patagonische Wind fegte mit voller Kraft über die karge Landschaft. Wir wurden fündig, nur noch kurz das Auto um- und das Zelt aufstellen bis zur verdienten Nachtruhe. Doch das Auto sprang nicht mehr an und in dem Moment sahen wir in der dunklen Ranger-Station jemanden mit einer Taschenlampe auf uns zukommen. Es kam kurz etwas Nervosität auf :-). Der Mann begrüsste uns dreimal freundlich mit den Worten “Are you crazy?“ Wir taten unser bestes und nach ein paar Minuten ergab sich eine nette Konversation. Cristian, der CONAF-Ranger, erkläre uns, dass man hier nicht zelten dürfte wegen den Pumas :-), und auch, dass er kein Hotel sei. Er hatte dann aber ein Erbarmen mit uns und liess uns im noch nicht fertig gebauten Teil der einfachen Hütte schlafen. Wir waren begeistert, das war mal wieder ein Abenteuer nach unserem Geschmack. Das Auto konnte Cristian übrigens auch reparieren, es hatte sich einfach ein Batteriekabel gelöst...
Am nächsten Morgen frühstückten wir gemeinsam und Cristian erzählte uns von seiner Familie und dem Leben im Park. Als Gastgeschenk überreichten wir ihm unsere Notration an angefangener Schweizer Schokolade, über die er sich sehr freute. Er erklärte uns auch den 50 Quadratkilometer grossen Park, dessen Name in der Sprache der Tehuelche, einer nativen Bevölkerungsgruppe Patagoniens, soviel bedeutet wie “Devil's Land“. Die schroffe Vulkanlandschaft ist übersäht von Kratern, Höhlen und ungewöhnlichen Gesteinsformationen, deren Grau sich wegen ihres Mineraliengehalts mit verschiedenen Farbtönen mischt. Neben dem wohl seltenen Puma gibt es im Park viele Guanacos, Ñandús, Füchse und auch Gürteltiere. Leider mussten wir feststellen, dass viele Guanacos den Zaun um den Park nicht sehen können und in ihn reinrennen, sich verfangen bzw. verletzen und dann verenden. Übrig bleiben zahlreiche Skelette entlang der Parkgrenze, was sehr schade und ironisch ist, will der Park doch gerade die Tiere und Landschaft schützen.
Uns hat die mondähnliche, karge Landschaft sehr gefallen und auch, dass wir den ganzen Tag nur zwei anderen Autos begegnet sind. Beim Verlassen des Parks haben wir nochmal einen kurzen Besuch bei Cristian gemacht, der gerade daran war, Unkraut zu jäten und das Gewächshaus in Ordnung zu halten. Die Begegnung mit diesem lustigen CONAF-Ranger war auf jeden Fall auch ein Highlight unseres Ausflugs entlang der Magellanstrasse. Mit leerem Tank erreichten wir danach die nächste Zapfsäule und fuhren weiter nach Punta Arenas, wo wir die Nacht verbrachten und unser Auto gegen einen richtigen Geländewagen upgradeten. Von dort aus machten wir uns am nächsten Tag in den Norden bzw. zurück nach Argentinien auf, um uns als nächstes den Perito Moreno Gletscher anzusehen.
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